Ein Plädoyer für den behinderten Hund aus dem Tierschutz
Wir leben in einer Gesellschaft, in der alles möglichst einfach und effizient funktionieren muss. Egal ob Erwachsene oder Kinder – wer aus dem Raster fällt, ist draußen und darf sich im günstigen Fall an seinem Nischendasein erfreuen. Das ist manchmal gar nicht so verkehrt …
Was aber ist mit denen, die sowieso keine Stimme haben? Unsere Hunde zum Beispiel. Und was ist, wenn diese noch ein Handicap aufweisen?
In einer Welt, in der alles reibungslos funktionieren muss, scheinen sie keinen Platz zu haben. Dabei könnten wir, wenn wir uns öffnen würden und bereit wären, die Perspektive zu wechseln, so viel von ihnen lernen. Und wir könnten uns selbst wieder neu entdecken.
Nehmen wir als Beispiel unsere Susi. Susi hat einen Herzfehler. Lebenserwartung ungewiss. Wir haben sie nach Deutschland geholt. Auf ihrer Pflegestelle entpuppt sie sich als echter Sonnenschein. Sie ist fröhlich, aktiv, spielt gerne und liebt ihre “Pflegeeltern”. Auch Uwe und Martina lieben Susi sehr. Ihr Herzfehler spielt im täglichen Leben kaum eine Rolle. Und die Lebenserwartung? Na ja, sind wir mal ehrlich – darüber zu spekulieren macht sowieso wenig Sinn. Das haben wir nicht in der Hand.
Oder nehmen wir als Beispiel Luca, den Maremmano von Vorstand Karin. Luca wurde ohne Großhirn geboren. Er ist geistig behindert und Epileptiker. Das liest sich erst mal gruselig – ist es aber gar nicht. Wie die kleine Susi ist auch Luca ein echter Sonnenschein. Er ist fröhlich und mit seiner liebenswerten Art eine absolute Bereicherung. Alle lieben Luca. Und Luca? Der lebt einfach und genießt sein Leben – obwohl die Prognosen zu Beginn sehr schlecht waren. Nicht mal ein Jahr wollte man ihm geben. Im Mai 2021 wird er fünf! Auch unser Happy ist Epileptiker. Trotzdem ist er ein wunderbarer Hund und sicher eine große Bereicherung für die Menschen, die ihn in ihr Herz schließen und ihn so nehmen, wie er ist.
Doch wer sagt, dass man darüber ständig nachdenken muss? Denn es gibt auch noch andere Möglichkeiten, mit den Themen Angst, Verlust und Tod umzugehen. Zum Beispiel, in dem man die gemeinsame Zeit intensiv genießt und seinen Fokus auf die schönen gemeinsamen Momente verlagert. Loslassen, nicht an gestern oder morgen denken. Das Jetzt ist wichtig und vermag uns so unendlich viel zu geben. Das gilt für alle Lebensbereiche.
Leben im Hier und Jetzt
Unsere Handicap-Hunde können hier für uns weise Lehrer sein, denn ihnen ist das Morgen relativ egal. Sie leben im Hier und Jetzt! Sie genießen unsere Liebe und unsere Fürsorge, blühen auf und … leben einfach! Wenn wir diesen Spagat hinbekommen und auf unser gesamtes Leben übertragen, kann dies für uns eine große Bereicherung sein. Denn hier profitieren beide Seiten voneinander: Der Handicap-Hund, weil er in den Genuss unserer Liebe und Fürsorge kommt und wir, weil wir vom Handicap-Hund lernen können, wie entspanntes Leben funktionieren kann.
Ja, es ist ein Wagnis, ein Abenteuer, sein Leben mit einem behinderten oder schwer kranken Hund zu teilen. Aber wie heißt es doch so schön: Wer nicht wagt, der nicht gewinnt!